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Gewissen

Wie wir mit unterschiedlichen Meinungen umgehen

Grauzonen im Glauben - Gemeinsam trotz verschiedener Gewissen

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14. Juli
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Chang Duong Sj0i Mtq Z4w Unsplash

Darf man das oder nicht? Wie wir mit unterschiedlichen Meinungen umgehen

Darf man als Christ einen Weihnachtsbaum haben? Darf man Harry Potter oder Herr der Ringe gucken? Dürfen Christen weltliche Rockmusik hören oder auf Partys tanzen? Oder die Serie “The Chosen” gucken? Als Gemeindeleiter und Jugendreferent erlebe ich immer wieder solche Diskussionen. Wie gehen wir damit um? Sollen wir uns von unserer Meinung überzeugen? Sollen wir diskutieren bis wir alle auf einer Wellenlänge sind oder den anderen verurteilen als zu liberal oder zu streng? Und dann die Gemeinschaft verlassen? Christen hatten zu allen Zeiten immer wieder Themen, die sie unterschiedlich eng oder weit sahen. Das war zu biblischen Zeiten auch nicht anders.

Graubereiche im Glauben

Schon damals gab es unterschiedliche Meinungen. Im Falle der Christen in Rom speziell um Fragen des Essens und des Haltens der religiösen Feiertage. Manche waren strenger, andere entspannter.

5 Der eine macht einen Unterschied zwischen ´heiligen Tagen und ´gewöhnlichen Tagen; der andere macht keinen solchen Unterschied. Wichtig ist, dass jeder mit voller Überzeugung zu dem stehen kann, was er für richtig hält. Neues Testament Psalmen: Neue Genfer Übersetzung, Römer 14,5.

Ja, es gibt sie. Graubereiche im Glauben. Es ist nicht alles schwarz oder weiß. Manches kann individuell anders gesehen werden. Das betrifft nicht die klaren moralischen Leitlinien und Gebote in der Bibel. Aber in Detail-Fragen gibt die Bibel keinen Regel-Katalog. Paulus beschreibt in zwei Briefen (1. Korinther 8 +10 und Römer 14) wie wir evangeliumszentriert damit umgehen sollen. Ich versuche in diesem kurzen Artikel einige Gedanken aus diesen Kapiteln zusammenzufassen.

Eine Frage des Gewissens

Bemerkenswert ist, dass Paulus diese Spannung (verschiedener Meinungen) nicht auflöst und klarstellt, wer richtig liegt oder sagt, dass man zu einer gemeinsamen Überzeugung kommen soll. Nein. Er lehrt, dass wir bei zweitrangigen Fragen einander stehen lassen sollen, die Gottes Wort nicht widersprechen.

22 Behandle deine Überzeugung in diesen Dingen als eine Angelegenheit zwischen dir und Gott. Glücklich zu nennen ist der, der sich in Fragen der persönlichen Überzeugung so verhält, dass er sich nicht selbst anzuklagen braucht Neues Testament Psalmen: Neue Genfer Übersetzung, Römer 14,22.

Entscheidend ist, dass wir uns später einmal vor dem Herrn verantworten müssen und alles zur Ehre Gottes tun (Römer 14,10+12; 1. Korinther 10,31). Manche strittigen Fragen sind also Fragen des persönlichen Gewissens.

Nicht verurteilen

Paulus lenkt den Blick auf das Evangelium. Wie können wir jemanden verurteilen, der doch Gottes Kind ist (14,3-4)? Und der genauso Jesus ehren will, wie ich.

3 Wer alles isst, darf den nicht verachten, der nicht alles isst. Und wer nicht alles isst, darf den nicht verurteilen, der alles isst. Gott hat ihn doch ´genauso angenommen ´wie dich Neues Testament Psalmen: Neue Genfer Übersetzung, Römer 14,2–3.

Ich leide darunter, dass sich Christen so häufig wegen dieser kleinen Streitfragen gegenseitig verurteilen. Gerade auch in konservativen Kreisen. Paulus versucht den Fokus viel mehr auf das Reich Gottes und Jesus zu richten, statt sich an solchen Fragen aufzuhängen (Römer 14,15-16).

Ein Wort, an diejenigen mit engerem Gewissen

Manche Christen mit einer eher engeren (häufig ablehnenden) Haltung empfinde ich als sehr meinungsstark. Die Dinge schwarz weiß zu sehen und abzulehnen scheint häufig einfacher zu sein. Manche haben manche dabei noch ein starkes Sendungsbewusstsein. Sie nennen ihre Kritik “Ermahnung”. Allerdings geht es ihnen nicht darum, einen Christen, der offensichtlich in Sünde lebt, zu ermahnen und wieder auf den richtigen Weg zu bringen, sondern von ihrer Meinung zu überzeugen. Hier ist Zurückhaltung geboten - weil andere Mitchristen da ein weiteres Gewissen haben.

Exkurs: Unrein oder rein?

Interessanterweise gibt es heute auch wieder viele Diskussionen über die Reinheit von dem, was man sich reinzieht. Heute geht es um Musik, Serien oder Formen. Damals ging es um Götzenopferfleisch (1. Korinther 8). Manche hatten gar kein Problem, Fleisch zu essen, das zuvor in einem griechischen Tempel den Götzen geopfert wurde. Es gab auch fast nur solches Fleisch auf dem Markt zu kaufen. Das Fleisch war ein “Produkt” aus heidnischem Götzendienst. Eindeutig. Und deswegen hatte andere Christen ein großes Problem damit. Sie hatten zum Teil früher selbst am Götzendienst teilgenommen und wollte damit jetzt nichts mehr zu tun haben. Völlig verständlich und gut so. Ihr Gewissen kam damit nicht klar, solches Fleisch zu essen. Es ist völlig in Ordnung, wenn dein Gewissen sensibler anschlägt und du dich von allem fernhalten willst, was auch nur nach Götzendienst riecht. Aber akzeptiere auch, dass andere Christen (die vielleicht eine andere Prägung haben als du) damit kein Problem haben und ihr Gewissen erst später (spätestens bei der Teilnahme am Götzendienst - vgl. 1. Korinther 10,20f) anschlägt.

Ein Wort an diejenigen mit weiterem Gewissen

13 Deshalb urteilt nicht mehr übereinander, sondern lebt so, dass ihr niemanden behindert und keinen vom Weg Gottes abbringt. 14 Ich weiß und bin durch Jesus, den Herrn, davon überzeugt, dass nichts, was Gott geschaffen hat, unrein ist. Nur, wenn es jemand dafür hält, ist es unrein. 15 Und wenn durch das, was du isst, das Gewissen eines anderen belastet wird, so handelst du nicht aus Liebe Neues Leben Bibel, Röm 14,13–15.

Versuche deinem Gegenüber entgegenzukommen, wenn es sein Gewissen belastet, was du vorhast. Wenn dein Mitchrist zum Beispiel ein starkes innerliches Problem mit bestimmten Filmen hat, dann schaut einen anderen Film an, wenn er dabei ist. Nimm Rücksicht (vgl. 1. Korinther 8,9+10,32). Bei der Rücksicht geht es darum, dass mein Gegenüber nicht dazu verleitet wird, gegen sein Gewissen zu handeln. Allerdings geht es hier nicht um individuellen Geschmack, z.B. bei Liedern, Instrumenten oder Stilen im Gottesdienst, sondern darum, den Mitgeschwistern keinen Anstoß zur Sünde zu geben. Wir sollen vermeiden, den Geschwistern mit einem engeren Gewissen zu etwas zu verleiten, was sie gegen ihr Gewissen tun, damit sie nicht sündigen (1. Korinther 8,9-13 +10,28; Röm 14,23).

Fazit

Paulus ermahnt uns zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Verständnis füreinander. Ich wünsche mir, dass wir lernen, mit unterschiedlichen Meinungen zu leben, wenn es um das geht, was “wir uns reinziehen”. Manche haben da ein weiteres Gewissen, andere ein engeres. Das darf aber die Liebe und Gemeinschaft untereinander nicht gefährden. Jeder muss sich selbst vor Gott verantworten und soll aus reinem Gewissen handeln. Wir brauchen wieder mal eine gehörige Portion Demut. Nicht wir bestimmen, was Sünde ist. Was in der Bibel als eindeutige Sünde bezeichnet, gilt für jeden. Aber viele andere Fragen muss jeder Christ mit seinem eigenen Gewissen vor Gott ausmachen.