Von der Gliederung zur Landkarte

Dieser Artikel ist zuerst im CJ-Lernen Spezial „Bibelarbeiten, die ankommen“ erschienen. „Ich weiß nicht mehr wie du heißt, aber… Jesus will dein Herz, …
Von der Gliederung zur Landkarte

Dieser Artikel ist zuerst im CJ-Lernen Spezial „Bibelarbeiten, die ankommen“ erschienen.


„Ich weiß nicht mehr wie du heißt, aber… Jesus will dein Herz, nicht deine Handlungen!“ Diese Begegnung mit einer jungen Frau hat mir klar gemacht: Ich werde für immer nur über einen einzigen Punkt predigen. Die Jugendliche hatte drei Monate vor unserer Begegnung eine Predigt von mir gehört. Sie hatte meinen Namen vergessen – ist ja auch egal – aber sie konnte sich noch an den einzigen Kernpunkt der Predigt erinnern. Drei Monate später. Das liegt nicht an der tollen Predigt, sondern daran, dass wir uns besser einen als sieben Punkte merken können. Solche und ähnliche Begegnungen hatte ich seitdem viele.

Ich möchte dich überzeugen deine Sprechgewohnheit umzustellen. Versuche es mal, nur über einen einzigen Punkt zu sprechen und deine ganze Predigt auf diesen einen Punkt zu fokussieren.

Wie finde ich meinen einen Punkt?

Die Schwierigkeit wird nicht sein, einen Punkt zu finden, sondern die anderen zwei bis 12 zu eliminieren. Vielleicht fragst du dich auch: Wie soll ich mit einem einzigen Punkt die Zeit voll bekommen? Keine Angst – deine Zuhörer machen sich da keine Sorgen.

Beginne damit zu graben, bis du deinen Punkt findest. Arbeite mit dem Bibeltext, den du für die Predigt ausgewählt hast und überlege, was der Text sagt und was er nicht sagt. Arbeite mit dem Bibeltext, bis du deinen einen Punkt gefunden hast. Natürlich haben Bibeltexte unterschiedliche Aussagen – versuche trotzdem dich für die Predigt auf eine einzige Aussage zu konzentrieren.

Dann fokussiere alles auf diesen einen Punkt. Identifiziere dein Kommunikationsziel und nimm deine Hörer mit auf den Weg dieses Ziel zu erreichen. Du verwendest alles in deiner Botschaft, um auf diesen Punkt hinzuarbeiten und diesen Punkt zu begründen, zu veranschaulichen, greifbar, persönlich und erlebbar zu machen. Das bedeutet auch, dass du alles rausschmeißt, was ein Umweg wäre.

Danach setzt du alles daran deinen einen Punkt merkbar zu machen. Das ist herausfordernd, aber extrem hilfreich – für dich und für deine Zuhörer. Suche nach kurzen klaren Aussagen für deinen einen Punkt. Überlege, wie du den Punkt in einer kurzen Frage, Aussage oder Aufforderung formulieren kannst. Du kannst durch Alliterationen, Wiederholungen, Reime, Metaphern, Wortspiele oder kontrastierende Aussagen versuchen deinen einen Punkt so merkbar wie möglich zu machen.

Hier mal ein paar meiner Beispiele:

  • Jesus will dein Herz, nicht deine Hand- lungen.
  • Vertraue einfach und erlebe Jesus vielfach.
  • Sorgen heißt von morgen borgen.
  • Jesus will, dass wir beim Hände falten durchhalten.
  • Der Kreuz-König will dein Herz-König sein.
  • Wer liebt was Gott liebt, feiert was Gott feiert.
  • Gott will dir Schmerz ersparen, nicht Spaß rauben.
  • Jesus schenkt dir seine Perfektion statt deiner Performance.
  • Mache seinen Traum zu deinem Traum.
  • Wirst du bitter oder besser?
  • Jesus gibt kleinen Schritten große Bedeutung.
  • Gott will dir nichts heimzahlen, er will dich heimholen.
  • Dankbar sein heißt Danke sagen.
  • Jesus zählt wie, nicht wie viel.
  • Wenn deine Liebe sich unterscheidet, macht dein Leben einen Unterschied.

Wie kommuniziere ich diesen einen Punkt möglichst fokussiert?

Wenn ich meine Predigt auf einen einzigen Punkt fokussieren möchte, kann ich nicht mit einer herkömmlichen Gliederung arbeiten. Ich brauche ein System, das mir hilft fokussiert zu kommunizieren.

Dieses System heißt ME-WE-GOD-YOU-WE. Ich verstehe diesen Ansatz nicht als eine andere Art von Gliederung. Es ist keine Gliederung, eher eine Landkarte, die dich und deine Zuhörer ans Ziel führt

Mit dieser Landkarte versuchst du die Zuhörer persönlich abzuholen, einer gemeinsamen Frage nachzugehen, Gottes Antwort darauf zu zeigen, zu überlegen, was jeder persönlich tun sollte und zeigst, was für jeden Einzelnen auf dem Spiel steht.

ME (ORIENTIERUNG)

Der Einstieg in deine Predigt ist persönlich. Du beginnst mit einer persönlichen Geschichte, einer Frage, mit der du dich beschäftigst, einem Erlebnis oder einer Herausforderung. Auch wenn du von dir erzählst, geht es dabei nicht um dich. Es geht darum eine Gemeinsamkeit mit den Hörern zu finden, die im Zusammenhang mit deinem Thema und deiner Hauptaussage steht. Du schilderst eine Spannung oder Herausforderung, die du erlebt hast. Sprich dabei auch über deine Schwächen. Wenn wir über unsere Schwächen sprechen, geht uns nie das Material aus und Kommunikationshürden zwischen dir und den Hörern werden abgebaut.

Wenn du deinen Einstieg mit Humor und einer entspannten Portion Selbstironie versiehst, ist das immer hilfreich. Der Einstieg ist ganz auf das Kommunikationsziel ausgerichtet.

WE (IDENTIFIKATION)

Predigten sind ineffektiv, wenn der Prediger in seiner Predigt Fragen beantwortet, die sich niemand stellt. Predigten sind ineffektiv, wenn der Prediger in seiner Predigt Fragen beantwortet, die sich niemand stellt! Deshalb ist dieser Part extrem wichtig. Du machst deine Herausforderung zur Herausforderung für alle. Die Spannung, Frage oder Herausforderung, die du bei ME geschildert hast, weitest du jetzt auf deine Zuhörer aus („Wir haben das alle schon erlebt…“).

Dazu musst du überlegen, wie das auf unterschiedliche Menschen in unterschiedlichen Lebensbereichen und Lebenswelten zutrifft (Teens, Jugendliche, Erwachsene, Senioren, Singles, Studenten, Mütter, Nicht-Christen, gleichgültige Ehemänner, traurige Menschen, etc.).

Mit einigen Beispielen sorgst du dafür, dass viele Menschen sich mit der Fragestellung der Predigt identifizieren können und Gemeinsamkeit entsteht. Wenn du magst, kannst du an dieser Stelle auch Ergebnisse aus Studien oder allgemein bekannte Beispiele einbauen, um Identifikation zu erzeugen.

Am Ende von WE brennen alle darauf, zu hören, was Gott dazu zu sagen hat. Gleichzeitig ist die ganze Predigt in Anwendung eingebettet, weil die Hörer sich fragen. „Was soll ich jetzt tun?“

GOD (ERLÄUTERUNG)

Das ist der Bibel-Part und der ausführlichste Teil deiner Predigt. Hier lässt du einen Bibeltext direkt in die Spannung hineinsprechen, die du in ME und WE aufgebaut hast. Die Spannung wird aufgelöst und du zeigst, was Gottes gute Gedanken sind.

Wenn wir einen Bibeltext auslegen, müssen wir einen Mittelweg zwischen zwei Extrmen finden. Wir wollen den Text nicht so lange, ausführlich und trocken erklären, dass es staubt und wir wollen nicht so zügig und erklärungslos durch den Text gehen, dass keiner weiß worum es tatsächlich geht. Wir wollen die Hörer mit dem Text verbinden. Deshalb gehen wir mit ihnen durch den Text wie ein guter Museumsführer, der die spannenden Stellen kennt und dort verweilt und bei den weniger wichtigen weniger Zeit verwendet. Wir helfen den Hörern, die wichtigen Dinge nicht zu verpassen und zeigen den Sinn des Textes. Das heißt natürlich, dass wir nicht alles erzählen, was wir in unserem Studium herausgefunden haben. Wir beschränken uns auf die wesentlichen Inhalte, die unseren einen Punkt unterstützen.

Mir ist immer wichtig, nicht zu lange Bibelpassagen am Stück zu lesen. Lieber gehe ich Stück für Stück mit den Hörern durch den Text. Also ein bis zwei Verse lesen und dann erklären, dann wieder ein bis zwei Verse lesen und erklären. Ich versuche immer eine Textschlacht zu vermeiden und möglichst mit einem Text auszukommen und diesen wirklich auszulegen und sprechen zu lassen.

Gegen Ende vom Gott-Part kannst du dein Statement platzieren, das die eine Hauptaussage möglichst merkbar wiedergibt.

YOU (ANWENDUNG)

Nachdem du gezeigt hast, was Gottes gute Gedanken zu unserer menschlichen Herausforderung sind, zeigst du deinen Zuhörern auf, was sie tun sollten. Dabei konzentrierst du dich auf eine Hauptanwendung. Wie sollte eine gute Anwendung sein? Machbar, praktisch und konkret. Frage dich: Was trifft auf die unterschiedlichen Menschen zu? Was bedeutet die Anwendung für unterschiedliche Lebensphasen? Was bedeutet die Anwendung für unterschiedliche Beziehungsnetzwerke? Was sollen die Leute tun, mit dem was sie gehört haben?

Du hilfst deinen Zuhörern Gottes Wort wirklich anzuwenden, wenn du ihnen viele möglichst konkrete Vorschläge machst, wie sie das göttliche Prinzip in ihrem Alltag anwenden können. Überlege dir auch, wie du Nicht-Christen in diesem Part ansprechen kannst. Viele göttliche Prinzipien können das Leben von Nicht-Christen verändern – ganz unabhängig von ihrer Theologie.

Mein Wunsch ist, dass die Zuhörer nach YOU wissen, was sie in der nächsten Woche konkret anpacken und mit Gottes Hilfe verändern wollen.

WE (INSPIRATION)

Das ist der Schluss deiner Predigt. Du möchtest die Zuhörer motivieren und inspirieren zu erleben, wie das göttliche Prinzip, das
du mit ihnen erarbeitet hast, ihr Leben tatsächlich verändert. Vielleicht möchtest du eine bewegende Geschichte erzählen, die du selbst erlebt oder gehört hast. Versuche einen Moment der Inspiration zu kreieren. Träume gemeinsam mit deinen Hörern: Was wäre möglich, wenn wir alle dieses göttliche Prinzip anwenden und leben würden? Wecke Sehnsucht nach einem Leben geprägt von Gottes Wort. Male den Leuten mit deinen Worten das Bild von einem von Gott veränderten Leben vor Augen und zeige ihnen, was auf dem Spiel steht. Ziel von WE ist, dass die Leute hoffnungsvoll nach Hause gehen und motiviert sind, Gottes Prinzipen in ihrem Alltag zu leben.

Ganz ehrlich: Als ich zum ersten Mal von ME-WE-GOD-YOU-WE gelesen habe, war ich verärgert und konnte mir das überhaupt nicht vorstellen. Aber irgendwann habe ich es einfach mal ausprobiert. Und dann nochmal. Und dann nochmal. Und jetzt mache ich seit einigen Jahren nichts anderes mehr. Probierst du es auch einfach mal aus?

Kannst du dir vorstellen deine nächste Predigt anhand dieser Landkarte aufzubauen?