Einheit mit andersdenkenden Christen

Darf man mit Christen aus anderen Gemeinden beten oder zusammenarbeiten? Für die einen ist das überhaupt keine Frage, für manche schon. Einheit wird in …
Einheit mit andersdenkenden Christen

Darf man mit Christen aus anderen Gemeinden beten oder zusammenarbeiten? Für die einen ist das überhaupt keine Frage, für manche schon. Einheit wird in der christlichen Welt zurzeit groß geschrieben. Aber gibt es auch Grenzen der Einheit? Kann man einfach über Unterschiede hinwegsehen und mit jedem, der sich irgendwie gläubig bezeichnet Einheit leben? Und wie lebt man überhaupt Einheit? Dieser Artikel soll dir helfen, Fragen auf diese Antworten zu finden.

Grundsätzlich gilt: Gott hat die Einheit gestiftet, nicht wir. Durch das Blut seines Sohnes hat er seine Gemeinde erkauft, die sein Leib ist. Alle wiedergeborenen Christen zu diesem Leib. Dieser Leib ist unterschiedlich, aber ein Leib, also eins (Eph. 4,4f). Mit jedem Christen, der also ein neues Leben aus Gott hat, bilden wir eine Einheit.

Nur von Irrlehren trennen

Es gibt Menschen, die sich als Christen bezeichnen, aber es eigentlich nicht sind. Sie vertreten und verkündigen Lehren, die über die Bibel hinausgehen oder dem Evangelium widersprechen (Gal. 1,6-9). Jesus wird nicht als Sohn Gottes, der Mensch geworden ist, um uns zu erlösen, gesehen (2. Kor. 11,4). Oder man muss durch rituelle Werke, bestimmte Taten oder Kulte sich selbst rechtfertigen (Kol. 2,8ff). Irrlehren widerstreben dem Kern des christlichen Glaubens. In solchen Fällen ist die Bibel deutlich: Wir sollen keine geistliche Gemeinschaft mit ihnen pflegen (2. Joh. 9-11).

Einheit mit andersdenkenden Christen leben

Nun gab es zu allen Zeiten in der Christenheit verschiedenartige Meinungen zu unterschiedlichsten Themen. Diese betreffen nicht die grundsätzlichen Wahrheiten des Evangeliums, sondern meistens unterschiedliche Verständnisse des Glaubenslebens oder der Gemeindepraxis. Dabei kommen ernsthafte Christen, von denen sich jeder auf die Bibel bezieht, trotzdem zu anderen Erkenntnissen. Geformt werden diese Ansichten natürlich durch die eigene Tradition und Biografie. Solche unterschiedliche Meinungen gab es selbst in der Zeit der ersten Gemeinde:

Römer 14, 5 Der eine hält einen Tag vor dem anderen, der andere aber hält jeden Tag 〈gleich〉. Jeder aber sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt!

Damals ging es um rituelle Feiertage oder Fragen des Essens. Paulus macht hier deutlich, dass diese Frage ruhig unterschiedlich gesehen werden können und jeder mit voller Überzeugung das tut, was er tut. Die unterschiedliche Prägung zwischen Judenchristen und Heidenchristen war damals größer als jegliche Prägung unterschiedlicher Christen heute. Trotzdem hat Jesus aus beiden eins gemacht (Eph. 2,14.16). Und Paulus fordert die Heiden- und Judenchristen damals auf, sich auf ihre gemeinsame Grundlage zu besinnen (Eph. 2,20) und sich zu einem gemeinsamen geistlichen Tempel/Leib aufbauen zu lassen (Eph. 2,22; Eph. 4-16).

Wenn man also auf der gleichen Basis steht und nicht in Kernfragen unterschiedlicher Meinung ist, sollen wir uns um Einheit bemühen (Eph. 4,1-6). Das heißt, dass man gemeinsam beten und evangelisieren kann. Dass man sich nicht streiten, übereinander schlecht redet oder den anderen verurteilt. Ganz im Gegenteil: Wir sollen uns einander mit aller Demut und Sanftmut mit Langmut in Liebe ertragen (Eph. 4,2).

Das Einheitsmodell

Dieses Kernmodell zeigt, dass umso größer die Übereinstimmung in Lehrfragen ist, desto enger die Zusammenarbeit gestaltet werden kann.

  1. Wenn der Kern des Glaubens gleich ist, können wir zusammen beten und evangelisieren.

  2. Wenn in wichtigen ethischen oder theologischen Fragen aber keine Einigkeit besteht, wird es schwer gemeinsam Ortsgemeinde zu gestalten. Trotzdem kann man gemeinsam, zum Beispiel in der Allianz, miteinander beten und evangelisieren. Erst wenn die wichtigen Lehren größtenteils gleich gesehen werden, ergibt das gemeinsamen Bauen an einer Ortsgemeinde Sinn.

  3. In den nebensächlichen Fragen können Geschwister in einer Gemeinde unterschiedlicher Auffassung sein. Als Gemeindeleitung oder Predigerteam ist es wichtig, einen Konsens oder einen Kompromiss zu lehren und zu vertreten, damit die Einheit in der Gemeinde gewahrt wird.

  4. Zu äußerlichen Gestaltungsfragen (Gemeindepraxis) kann man und wird man immer unterschiedliche Geschmäcker haben. Darüber ist es überhaupt nicht wert sich zu streiten und selbst in der Ehe gibt es andere Geschmäcker und trotzdem soll man eine Einheit bilden. So soll es auch in der Gemeinde sein (Eph. 5,32).

Nicht pauschal vorverurteilen

Manche Christen, gerade aus unseren konservativen Kreisen spielen sich schnell zu Richtern anderer Gemeinderichtungen auf. Somit werden andere Gemeinden pauschal verurteilt und in eine Schublade gesteckt. Tatsächlich haben manche Gemeinderichtungen meiner Ansicht nach systematisch theologische Schieflagen gefördert und toleriert, aber selbst in meiner eigenen Gemeindebewegung gab/gibt es diese Schieflagen. Trotzdem wünsche ich mir, dass andere Christen mich und meine Gemeinde nicht über diesen Kamm scheren, sondern erstmal kennenlernen, ob wir diese schrägen Lehren immer noch vertreten und wie wir als Ortsgemeinde ticken. Dieselbe Fairness fordere ich von mir für andere Gemeinden ein. Egal aus welchem Bund oder Tradition sie kommen. Wir haben das Wort Gottes, um zu prüfen, ob bestimmte Gemeindepraxen oder Lebensstile zu vertreten sind, oder voll in die falsche Richtung laufen. Anhand der Bibel kann man mit echten Christen immer ein Gespräch auf Augenhöhe suchen. Vor allem wenn man in Demut und liebevoller Ehrlichkeit fragt, warum sie dies oder jenes tun oder lehren. Im Hintergrund über andersdenkende Christen zu lästern oder sich lustig zu machen ist einfach, weil man sich damit als besser wissend darstellt und womöglich zur Belustigung beiträgt. Aber ist das Jesusgemäß? Jesus sagt: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! (Lukas 7,1). Ganze Bewegungen oder Gemeinderichtungen von vornherein zu verurteilen (außer aufgrund von Irrlehren), ohne die Menschen kennenzulernen, halte ich für fatal.

Auf Augenhöhe begegnen

Mein Tipp, wenn du dir nicht sicher bist, ob dein Gegenüber ein echter Christ ist, mit dem du Einheit trotz Unterschiedlichkeit leben kannst, stell ihm folgende Fragen - auf Augenhöhe:

  1. Wer ist Jesus für dich und was bedeutet er dir?

  2. Was bedeutet für dich Christsein? Was wünschst du dir als Christ?

  3. Was bedeutet dir die Bibel? Wie verstehst du sie?

Wenn du merkst, dass dein Gegenüber die gleiche Grundlage wie du hast, das gleiche Ziel, dass Jesus geehrt wird und Menschen errettet werden, dass Gottes Reich wächst...na dann, freut euch über eure Unterschiedlichkeit, betont diese nicht, sondern betet gemeinsam. Singt gemeinsam, evangelisiert gemeinsam. Ihr habt nämlich das gleiche Ziel. Und an der Liebe untereinander werden Menschen erkennen, dass wir Jesus Jünger sind (Joh. 13,35). Also liebt euch, haltet Frieden und streitet euch nicht wegen nebensächlichen Fragen.