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Moderne Apologetik

4G-Modell: Glauben teilen, auch heute!

In 4 Schritten bildet Paulus für wissbegierige Griechen eine Brücke zwischen ihrer Kultur und dem Evangelium. Ich nenne es: Das 4G-Modell für die Evangelisation. Auch heute kann es uns helfen, das Evangelium in die unsere Gesellschaft zu predigen.

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28. November
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6 min
Nico Smit 0p DVD Nlh Un4 Unsplash

Es gibt diese „Zeigefinger“-Christen. Spitzfindig zeigen sie auf alles, was nicht passt: Die bösen Medien, die korrupte Politik, die den Bach heruntergehende Gesellschaft mit ihren nicht mehr so christlichen Werten. Und dann gibt es die „Schulterzucken“-Christen. Ihnen ist egal, was um sie herum passiert: Wie der aktuelle Bundeskanzler heißt, wissen sie nicht genau – irgendwas mit März? – und Trends empfinden sie ohnehin als zu kurzlebig, um da up to date zu bleiben. 

Zeigefingerzeiger und Schulterzuckerzucker haben von Gott denselben Auftrag bekommen: Zeugen seiner guten Botschaft zu sein. Das Problem: Wer schnell den moralischen Zeigefinger ergebt, stoßt andere eher vor den Kopf, statt sie für Gottes Herz zu gewinnen. Und wer seine Ohren verschließt, wird wenig Worte finden, um eine Kultur, die anders spricht – und hört! – zu erreichen. 

Paulus spricht in Apostelgeschichte 17 zu einer Kultur, die ganz anders funktioniert als das, was er als Jude und Christ gewohnt ist. Doch weder erhebt er tadelnd den Zeigefinger, noch wendet er sich gleichgültig ab. Vielmehr hält er eine Rede, die eine Schablone für uns sein kann, wenn wir Menschen mit dem christlichen Glauben in Kontakt bringen wollen. In 4 Schritten bildet Paulus für die wissbegierigen Griechen eine Brücke zwischen ihrer Kultur und dem Evangelium: Das 4G-Modell für die Evangelisation.

1. GESELLSCHAFT beobachten & verstehen

22 Da stellte sich Paulus mitten auf den Areopag und begann: "Ihr Männer von Athen, nach allem, was ich sehe, seid ihr außergewöhnlich religiöse Leute. 23 Denn als ich durch die Straßen ging und eure Heiligtümer betrachtete, stieß ich auf einen Altar mit der Inschrift: 'Dem unbekannten Gott'. Diese Gottheit, die ihr ohne zu kennen verehrt, verkündige ich euch.

Paulus beobachtet, was die Menschen im Bus machen, während sie auf ihre Haltestelle warten. Er beobachtet, welche Apps hoch gehandelt werden und welche Social-Media-Plattformen nicht mehr bespielt werden. Er beobachtet, welche Magazine im Supermarkt ganz vorne ausgestellt werden, und welche in die dritte Reihe verbannt wurden. Und aus dem Beobachteten zieht er Schlüsse. Er identifiziert eine Sehnsucht, die tiefer geht als alles, was die Götzen der Zeit bieten. Er analysiert, was die Menschen verehren, und begreift, dass sie gar nicht verstehen, was sie da verehren.

 Auf den Statuen heute steht nicht „Dem unbekannten Gott“, sondern „Bleib wie du bist“, „4-Tage-Woche“ oder „Hauptsache du bist glücklich“. Das Prinzip ist dasselbe: Statt mit erhobenem Zeigefinger U-Bahn zu fahren oder am liebsten gleich zu Hause zu bleiben, wo es warum und kuschelig ist, können wir in einem ersten Schritt die Altäre und Götzen der Zeit wahrnehmen und würdigen: „Nach allem, was ich sehe, ist euch das Glück des Einzelnen außergewöhnlich wichtig“ (vgl. Apg 17,22).

2. GEMEINSAMKEITEN finden & betonen 

24 Meine Botschaft handelt von dem Gott, der die Welt geschaffen hat und alles, was dazu gehört. (...) 28 Denn 'durch ihn leben wir, bestehen wir und sind wir'. Oder wie es einige eurer Dichter ausgedrückt haben: 'Denn auch wir sind von seiner Art.'

Paulus zitiert die Popkultur, um zu zeigen: So anders sind wir gar nicht. Er streckt die Hand entgegen: Ihr glaubt, es gibt einen Gott? Ich auch! Ihr glaubt, es hat einen Sinn, dass wir da sind? Ich auch! Ihr glaubt, der Planet muss gerettet werden? Ich auch! Ihr glaubt, dass wir so orientierungslos, so verloren, so „lost“ sind, wie noch nie? Hey, mein Glaube gründet auf einem Bibelvers, der genau diesen Punkt herausstellt: Wir sind unfassbar „lost“, verloren, und da ist jemand gekommen, der nicht will, dass wir verloren gehen (vgl. Joh 3,16).

Die „Dichter“ unserer Zeit heißen Billie Eilish, Pamela Reif und Younes Zarou. Einig sind wir uns mit ihnen, dass der Einzelne unendlich viel Wert besitzt. Dass Freiheit ein wichtiges Gut ist. Dass Liebe die stärkste Kraft dieser Welt ist. 

3. GRENZEN identifizieren & ansprechen 

29 Wenn wir nun von Gott abstammen, sollten wir nicht denken, das Göttliche sei so wie ein goldenes, silbernes oder steinernes Gebilde, das menschliche Erfindungskunst hervorgebracht hat. 30 Gott hat zwar über die Unwissenheit vergangener Zeiten hinweggesehen, doch jetzt fordert er alle Menschen überall auf, ihre Einstellung zu ändern.

So viele von uns überspringen Punkt 1 und 2, und kommen direkt zu Punkt 3. Vor allem unsere Freunde mit den Zeigefingern. Das ist schade, denn oft sind Menschen nur dann bereit zu hören, wenn sie sich auch verstanden fühlen. Und sie fühlen sich dann verstanden, wenn sie sich gesehen wissen.

Und doch ist es wichtig, auch zu betonen: Es gibt Grenzen in dem, wo Gesellschaft und Christen übereinstimmen. Der Säkularismus selbst kommt an Grenzen: Wie sollen wir verstehen, wozu wir da sind, wenn wir gar nicht glauben, dass es Absicht ist, dass es uns gibt? Wieso ordnen wir die Handlungen anderer so schnell als verletzend oder wertschätzend ein, wenn wir gar nicht glauben, dass es richtig und falsch gibt, nur persönliche Wahrheit? Wo kostet unsere Selbstverwirklichung Leben? Wo liegt Gesellschaft gefährlich falsch mit ihrem Streben nach Selbstoptimierung, Transhumanismus, Selbsterlösung? 

4. GUTE NACHRICHT anknüpfen & groß machen 

31 Er hat nämlich einen Tag festgesetzt, an dem er über die ganze Menschheit Gericht halten und ein gerechtes Urteil sprechen wird. Und zum Richter hat er einen Mann bestimmt, den er für alle dadurch beglaubigte, dass er ihn von den Toten auferweckt hat.

Paulus adressiert die Götzen der Gesellschaft, die verborgene Sehnsucht der Menschen. Und er zeigt: Die gute Nachricht ist eine bessere Antwort als die Götzen auf die Sehnsüchte der Zeit. Die gute Nachricht ist: Dieser unbekannte Gott, den ihr verehrt, ist nicht unerkannt geblieben. Er hat sich offenbart, auf die verständlichste und greifbarste Weise. Er hat seine Macht bewiesen, durch seine Auferstehung. Die Sehnsucht der Athener nach mehr wird gestillt mit dem Verweis, dass es so viel mehr gibt. 

Es gibt – wie es ein altes Lied sagt – Vergebung, selbst für Feinde. Es gibt echten Frieden nach dem Streit. Es gibt ewiges Reich des Friedens. Ein neuer Anfang jederzeit. Es gibt Trost in Schmerz und Leiden. Es gibt Gerechtigkeit für immer. Für unsere Treue ewigen Lohn. Ja, die gute Nachricht ist die beste Nachricht – damals, auf dem Areopag und heute, im nachchristentümlichen Westen.

Das 4G Modell ganz praktisch 

Wir können uns an Paulus ein Vorbild nehmen, und uns beim Spazieren durch unsere Städte und Dörfer, beim Scrollen durch Insta oder beim Lunch mit den Kollegen fragen:

  1. Was beobachte ich? Welche Themen häufen sich? Was ist den Leuten wichtig? 
  2. Was von dem Beobachten finde ich positiv? In welchen Punkten deckt sich gesellschaftliches Streben mit den zeitlosen Wahrheiten des Evangeliums? 
  3. Wo liegen die Grenzen dessen, was die Gesellschaft feiert? Was sehe ich auf Grundlage des Evangeliums anders? 
  4. Inwiefern ist das Evangelium die bessere Antwort auf die Fragen und Sehnsüchte unserer Zeit? 

Das 4G-Modell ist kein strenges Schema. Eher eine Hilfestellung. Eine Brücke, vom gesellschaftlichen Götzen zum lebendigen Gott. Es kann eine gute Orientierung sein, vor allem wenn du zum Zeigefinger und Schulterzucken neigst. Vielleicht ist es eine gute Übung, zum Start diese 4 Schritte an den konkreten Beobachtungen durchzugehen, die du machst. 

Ein konkretes Beispiel: Du beobachtest den Götzen „Selbstoptimierung“.

1) GESELLSCHAFT beobachten & verstehen: Supplements-Regale nehmen in Supermärkten immer mehr Platz ein. Dein Insta-Feed ist voll von „5am-Morning-Routines“ und „Glow-Up-Challenges“. Immer mehr Apps tracken Schritte, Schlaf und Essgewohnheiten. Du schließt daraus: Menschen sehnen sich nach einem besseren Selbst, sie erhoffen sich davon Bedeutung. Der Weg dorthin geht über Kontrolle und Struktur. Auf dem Altar unserer Zeit steht „Werde die beste Version deiner selbst“.

2) GEMEINSAMKEITEN finden & betonen: Als Christen verstehen wir den Wunsch nach Veränderung. Wir identifizieren uns mit der Überzeugung, auf unseren Körper gut aufzupassen, schließlich ist er der Tempel des Heiligen Geistes. Selbstbeherrschung ist eine Frucht des Geistes. Wir denken, es ist gut, das Leben bewusst zu leben und zu gestalten, schließlich denken wir, dass wir geschaffen und gewollt wurden und dass Gott uns gebrauchen möchte, um sein Reich zu bauen.

3) GRENZEN identifizieren & ansprechen: Die Selbstoptimierung unserer Gesellschaft kann zum Wahn werden. Sie verspricht Erlösung, führt aber oft in die Erschöpfung. Menschen werden nicht, was die Werbung ihnen sein zu können verspricht – und resignieren. Außerdem glauben Christen zutiefst, dass Selbstoptimierung uns nicht retten wird. Wir können die Konfrontation mit unserer Schuld, unseren Grenzen und unserem Scheitern nicht glattbügeln, wir brauchen eine Neugeburt, einen kompletten Neuanfang. 

4) GUTE NACHRICHT anknüpfen & groß machen: Wie gut, dass wir einen Gott kennen, der diesen Neuanfang möglich macht. Unsere Suche nach einem besseren Ich mündet im Christentum nicht im Burnout, sondern führt uns zu einem Gott, der uns liebt, bevor wir etwas leisten – und der uns verändert, ohne uns zu überfordern. 

Challenge für dich

Überlege mal, welcher Trend dir gerade auffällt. Und dann geh mal gedanklich das 4G-Modell in deinem Kopf durch.