Was ist Dekonstruktion?

Was hat es überhaupt mit dem Begriff "Dekonstruktion" auf sich. Was ist das? Welche Formen gibt es? Und ist das schlecht?
Was ist Dekonstruktion?

Wenn du christlich sozialisiert bist, hast du in der Vergangenheit bestimmt schon das Wort Dekonstruktion gehört. Es kann sein, dass du dich bereits viel mit diesem Thema beschäftigt hast, weil du in deinem persönlichen Umfeld damit konfrontiert wurdest. Es ist aber auch möglich, dass du mitbekommst, wie häufig in christlichen Kreisen darüber gesprochen wird, dass schon wieder ein bekannter Influencer, Theologe oder Pastor dekonstruiert, aber gar nicht genau weist, was gemeint ist. Die dritte Option ist, dass du gar nicht einordnen kannst, was es mit diesem Fremdwort auf sich hat. 

 

Wir als STEPS-Leaders merken, wie aktuell das Thema Dekonstruktion in der heutigen Zeit ist. Mit der folgenden Reihe wollen wir euch sensibilisieren dafür, was Dekonstruktion ist, welche Formen es gibt, wie Dekonstruktion zustande kommt und wie wir damit umgehen können, wenn es Menschen in unserem Umfeld gibt, die selbst Erfahrung damit machen. 

 

In diesem Artikel soll es erst einmal darum gehen, was Dekonstruktion ist und welche Unterschiede es auch innerhalb des Begriffs gibt.

 

Wortherkunft

 Das Wort „Dekonstruieren“ setzt sich zusammen aus dem Präfix „De“ und dem Wort „Konstruieren“. Beide Wörter haben ihren Ursprung in der lateinischen Sprache. Konstruieren leitet sich von lat. „construere“ ab und bedeutet zusammenschichten; erbauen oder errichten. Das „De“ ist ein vorangestelltes Wortbildungselement was in Fremdwörtern aus dem Lateinischen genutzt wird und verschiedene Bedeutungen haben kann: ab-, ent-, weg-, von … weg, herab-, miss-.

 

Während Konstruieren also ein Zusammenschichten oder Erbauen beschreibt, bedeutet Dekonstruieren eine Art Gegensatz, nämlich das Zusammengeschichtete zu entschichten oder das Erbaute wieder abzubauen

 

Dekonstruktion des Glaubens 

 Genau das passiert, wenn ein gläubiger Mensch dekonstruiert. Das, was an Glauben und Überzeugungen über Jahre zusammengeschichtet und erbaut wurde, wird langsam zurückgebaut. Man löst sich von alten Vorstellungen und Überzeugungen und wendet sich einer neuen Art der Frömmigkeit zu, die häufig als „progressives Christentum“ (wird in den folgenden Artikeln näher beschrieben) bezeichnet wird oder wendet sich ganz vom christlichen Glauben ab. Manchmal geht Dekonstruktion sogar soweit, dass man sich nicht nur vom christlichen Glauben abwendet, sondern eine regelrechte Verachtung für die früher geteilten Überzeugungen entwickelt. Das ist die Art von Dekonstruktion, die uns Sorgen bereitet. Wir fragen uns, warum diese Entwicklung in den letzten Jahren so stark angestiegen ist und was wir als Gemeinden vielleicht dazu beigetragen haben. Allerdings gibt es auch eine andere Art der Dekonstruktion, welche von Gott selbst initiiert und begleitet wird. 

 

Arten der Dekonstruktion

 Jeder Mensch ist ein Produkt aus vielen Faktoren. Du wirst geprägt durch die Kultur, in die du hineingeboren wirst, durch deine Familie, in der du aufwächst, durch den Sozialraum in dem du dich bewegst, durch deine Freunde, die du im Laufe deiner Entwicklung kennenlernst, durch deine Gemeinde, die dir theologische Inhalte vermittelt und durch viele weitere Faktoren, die beeinflussen, wie du über das Leben oder über Gott denkst. Das heißt, dass jeder, wirklich jeder die Welt durch eine Brille sieht, die er sich selbst nicht ausgesucht hat. 

Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten damit umzugehen. Die eine Gruppe fügt sich dem und nimmt alles, was sie gelernt hat, als natürlich und richtig hin, ohne dies im Laufe des Lebens ehrlich und aufrichtig zu hinterfragen. Das gilt auch für theologische Fragen. Diese Gruppe hat ein Problem, auch wenn sie gar nicht dekonstruiert. Diese Menschen bleiben oft unmündig und haben kein festes Fundament, wenn die Lebensrealität plötzlich nicht mehr mit den Glaubensüberzeugungen übereinstimmt. Das Fundament bricht schnell ein, weil man auf alle Zweifel und Fragen (etwas überspitzt) immer dieselbe Antwort: „Das ist halt so, das musst du eben Glauben“ bekommen hat. Das kann zu essentiellen Glaubenskrisen führen. 

Die zweite Gruppe ist die bereits oben genannte Gruppe. Sie fängt an, die angelernten Überzeugungen zu hinterfragen und wirft vieles oder beinahe alles über Bord, was man mal geglaubt hat. Oft führt diese Art der Dekonstruktion in letzter Instanz zu Dekonversation, also die generelle Abkehr vom christlichen Glauben.

Die dritte Gruppe dekonstruiert auch, jedoch mit einem anderen Verlauf. Diese Personen sind sich bewusst, dass all ihre Glaubensüberzeugungen sehr stark von verschiedenen Faktoren geprägt wurden. Sie entschichten oder bauen den alten Glauben ab, beschäftigen sich intensiv mit den Fragen des Glaubens, halten an den guten und richtigen Überzeugungen fest, entwickeln aber auch neue Überzeugungen, die sich in der Abhängigkeit zu Gott in ihrer Auseinandersetzung mit den Themen entwickelt haben. Auf diese Art der Dekonstruktion folgt keine Dekonversation sondern eine Rekonstruktion. Hier ein Beispiel: 

 

Eine Person wächst in einem Elternhaus auf, in dem Gott sehr stark betont wird, als der Gott, der dich immer und zu jeder Zeit beobachtet. Gott sieht, wenn du sündigst und wird zornig auf dich. Dieses Bild von Gott manifestiert sich über Jahre hinweg und führt dazu, dass die Person in ständiger Angst vor Gott, völlig verunsichert lebt, weil immer eine Angst besteht, etwas falsch zu machen. In diesem Fall kann es hilfreich sein, das Gottesbild zu dekonstruieren und durch ein umfassendes Bild Gottes zu ersetzen, was Gott sowohl als liebenden, barmherzigen Vater als auch als heiligen Gott berücksichtigt. Dieses umfassende Bild lässt sich in einer Auseinandersetzung mit Stellen der Bibel entwickeln, die Aufschluss über Gottes Eigenschaften geben. Zusätzlich kann es nützlich sein, mit unterschiedlichsten Personen über ihr Gottesbild zu sprechen, um möglichst viele Facetten erfassen zu können - Auch mit Personen, die eine ganz andere Frömmigkeit leben, wie die, die du vielleicht selbst viele Jahre gelebt hast. 

 

Und jetzt?

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Dekonstruktion Potential hat mein Bild von Gott und meine Glaubensüberzeugungen gottgemäß zu rekonstruieren, dass aber auch eine große Gefahr besteht, dass ich meine Glaubensüberzeugungen aufgebe und gegen noch weniger tragfeste Überzeugungen austausche, was manchmal dazu führt, dass Menschen ihren Glauben komplett hinter sich lassen. 

 

Im folgenden Artikel wird sich der Frage gestellt, welche Gründe es dafür gibt, das Menschen dekonstruieren und anschließend ihren Glauben aufgeben. Außerdem schlägt Oliver Last Ansätze vor, welche Verantwortung Gemeinden übernehmen können, um dieser Entwicklung gegenzusteuern.