Warum Staffelübergabe spielentscheidend ist

Lothar teilt 7 Erfahrungen aus 45 Jahren Gemeindearbeit über die Wichtigkeit der Staffelübergabe und gibt Beispiele, wie dies gelingen kann.
Warum Staffelübergabe spielentscheidend ist

Leichtathletik WM 2019 in Doha. Die chinesischen Frauen haben sich fürs Finale der 4 x 100 m Staffel qualifiziert. Im Endlauf will Kong Lingwei den Staffelstab an ihre Kollegin Ge Manqi übergeben. Die ganze Welt wird Zeuge von einem dramatischen Wechselfehler. Die Übergabe misslingt. Das Rennen ist verloren.

Staffelübergabe ist spielentscheidend. Das lehrt auch die Bibel in Richter 2,10: "Schließlich starb jene ganze ältere Generation und es wuchs eine neue heran, die Jahwe nicht kannte und seine großen Taten für Israel nicht miterlebt hatte."

Der Text sagt nicht, dass die neue Generation nichts von Mose und dem Auszug aus Ägypten und von Josua und dem Durchzug durch den Jordan wusste. Er sagt: „Sie kannten den Herrn nicht.“ Israel hatte den Auftrag Gottes aus den Augen verloren das Land zu erobern und die Kanaaniter zu vertreiben. Die junge Generation wusste zwar viel über den Gott Moses und Josuas, aber sie waren nicht in seinem Namen in den Kampf gezogen. Deswegen hatten sie Gott nicht erlebt, wie er für sie kämpft.

Paulus lehrt Timotheus: "Und die Wahrheit, die du vor vielen Zeugen von mir gehört hast, sollst du treuen und zuverlässigen Menschen anvertrauen, die dann fähig sein werden, wieder andere zu lehren." (2. Tim 2,2) So hat es Jesus vorgelebt. So haben es die Apostel nachgeahmt. So haben sie es der jungen christlichen Gemeinde beigebracht. Das war spielentscheidend in 2000 Jahren Kirchengeschichte.

Nun könnte man zu dem Schluss kommen, dass die Anwendung einer bestimmten Methode über geistlichen Erfolg entscheidet. Das ist natürlich nicht so. Methoden sind nur Werkzeuge. Und es ist nicht in der Hand von uns Menschen geistliche Erfolge zu produzieren. Erfolg, oder sprechen wir besser von Segen, kann nur Gott bewirken. Wir sind ganz und gar von ihm abhängig. Art und Weise, Zeiten und Zeitpunkte bestimmt ganz allein er. Das entlässt uns aber nicht aus dem großen Auftrag unseres Herrn: Gehet hin und macht Menschen zu Jüngern. (Mt 28,19) Der Auftrag bleibt.

Unser Jugendleiter lud mich ein als ich 15 Jahre alt war, morgens vor Schulbeginn zu ihm zu kommen und zusammen mit ihm in der Bibel zu lesen und zu beten. Wir waren uns nicht bewusst, dass man das auch Jüngerschaft oder Mentoring hätte nennen können. Wir haben es einfach getan. Über Jahre. Wir haben für unsere Gemeinde und für junge Menschen in unserem Dorf und in Deutschland gebetet, die Jesus noch nicht kannten. Und wir haben Erfahrungen gesammelt, dass Gott der Gott unserer Väter und Mütter ist, und dass er Gebet erhört.

Heute muss ich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit leider miterleben, wie etliche Gemeinden „das Licht ausmachen“. Bei der ein oder anderen dieser Gemeinden kann ich mich noch gut erinnern, wie ich dort vor 30 Jahren Jugendstunden hielt. Zwischenzeitlich ist ihnen die junge Generation verloren gegangen. Aus unterschiedlichen Gründen. Mir steht es nicht zu das zu beurteilen. Aber es war spielentscheidend.

Die Frage ist, wie kann es gelingen, die Staffel an die nächste Generation weiterzugeben?

Antwort:

Nur durch Gottes Gnade.

Ich habe einige Erfahrungen zusammengefasst, die wir in den vergangenen Jahren in Manderbach haben machen dürfen, die aus meiner Sicht spielentscheidend für die Staffelübergabe waren/sind.

Erfahrung 1:

Durch eine gute Kinder- und Jugendarbeit. Das wirkt missionarisch. Unsere Gemeinde ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen. Die meisten Bekehrungen hat es im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit gegeben. Gott sei die Ehre.

Erfahrung 2:

Durch geistliche Leiter, die ein Herz für die junge Generation haben. Das wirkt integrierend. Uns ist es wichtig, dass unsere Kinder, Teens und Jugendlichen erleben, dass sie in der Gemeinde willkommen sind.

Erfahrung 3:

Durch gelebte Mehr-Generationen-Gemeinde. Das wirkt gewinnend. Ältere fragen nach dem, was jungen Menschen wichtig ist. Jüngere Fragen nach dem, was den Älteren wichtig ist. Total schön, wenn die jungen Leute die älteren Geschwister besuchen und für sie singen.

Erfahrung 4:

Durch eine vorwärtsorientierte Leiterschaft. Das sorgt für Bewegung. Wir sind dankbar für unser Gemeindeleben. Und trotzdem stellen wir uns immer wieder die Frage, wie könnte sich unser Gemeindeleben und unsere Gottesdienste weiterentwickeln, so dass Gottes Ehre vermehrt und Menschen gedient wird.

Erfahrung 5:

Durch die Förderung von geistlich motivierten jungen Männern und Frauen und die Heranbildung von geistlichen jungen Männern als künftige Älteste und Leiter. Das wirkt stabilisierend. Als Älteste beten wir für unsere begabten jungen Männer und laden sie nach und nach zu einem geistlichen Trainingsprogramm (Mentoring) ein.

Erfahrung 6:

Durch ein Ältestenteam, das aus älteren und jüngeren Männern besteht. Seit vielen Jahren pflegen wir diesen Altersmix. Das wirkt verbindend. Gemeinsam bringen wir die Geschwister unserer Gemeinde im Gebet vor Gott.

Erfahrung 7:

Durch Leiter, die die Geschwister ihren Herzschlag spüren lassen. Das wirkt motivierend. Wir versuchen der Gemeinde zu dienen mit dem Wort Gottes und Gebet. Da spüren die Geschwister, wofür unser Herz schlägt.

Schlusswort:

Das hört sich so an, als ob die Welt bei uns perfekt wäre. Ist sie aber nicht. Wir haben Fehler gemacht. Wir hätten vieles besser machen können. Aber Gott hat ganz viel Gnade geschenkt.

Obige Erfahrungen sind unsere Erlebnisse mit Gott. Aber ich habe Sorge, dass man sie missverstehen könnte. Man könnte sie gegenüber den Verantwortlichen der Gemeinde als Forderungen formulieren. Man könnte sie auch verurteilend nutzen, in dem Sinne: Wenn das bei uns so wäre, dann würde ich mich auch engagieren. Beides ist falsch. Was du in 7 Minuten lesen konntest, sind Erfahrungen aus 45 Jahren Gemeindearbeit. Erlebt in viel Frust, mit viel Geduld, mit Rücksichtnahme, zwei Schritte vor, einen zurück, mit Demut – und vor allen: im Gebet für die Brüder und Schwestern unserer Gemeinde, die wir liebhaben.

Für uns sind zwei Werte spielentscheidend:

Vorwärts gehen – und beieinander bleiben.

Alte mit den Jungen loben gemeinsam den Namen des Herrn.