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Mitarbeitermangel

Hilfe, uns fehlen die Mitarbeiter!

Mitarbeiter wachsen heran und Mitarbeiter ziehen davon. Das scheint der Lauf der Dinge in fast allen Gemeinden – und gerade in unseren Jugendkreisen. Plötzlich stehen die Übrigen alleine da - oder es ist niemand mehr übrig, der die Jugendarbeit weiterführt. Was können wir tun?

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21. Juni 2013
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7 min

Jedes Jahr verlieren Jugendkreise ihre „besten Mitarbeiter“. Es entstehen Löcher, die kaum zu stopfen sind. Das Problem überschreitet mit gnadenloser Konsequenz die Grenzen von Ost nach West und Nord nach Süd. Immer wieder bluten lebendige Jugendkreise aus; wo vor drei Jahren noch ein großer Kreis blühte, ist heute nicht mal eine Handvoll trauriger Gestalten übrig.

Das beste Mittel gegen die wiederkehrende Fluktuation der „besten Mitarbeiter“ ist nüchtern gesehen ganz einfach: Die Praxis unserer Jugendarbeit muss darauf eingestellt sein, dass die jungen Leute sich verabschieden. Darauf eingestellt zu sein bedeutet, dass wir nicht jammernd aufgeben, weil Leute gehen, sondern kontinuierlich neue Teenager in die Mitarbeit „einpflanzen“. Eine Gemeinde, die nicht in diesem Sinne missionarisch ist, hat kaum das Recht sich zu beklagen.

Dass wichtige Leute gehen, ist schließlich keine unangenehme Überraschung, sondern vorhersehbarer Turnus. Aber wie sollen wir dem begegnen? Die Praxis unserer Jugendarbeit muss darauf eingestellt sein, dass die jungen Leute sich verabschieden. Darauf eingestellt zu sein bedeutet, dass wir nicht jammernd aufgeben, weil Leute gehen, sondern kontinuierlich neue Teenager in die Mitarbeit „einpflanzen“.

Eine Art „Programm“ für kontinuierlichen Nachschub an Mitarbeitern in der Jugendarbeit ist nicht kompliziert, muss aber konsequent umgesetzt werden. Durch einen Grundstock an Mitarbeitern wird es einfacher, aber auch ohne ihn sind wir nicht hilflos. Wir müssen jedoch dazu bereit sein, Mut, Beziehung, Zeit und Geld in den Jugendbereich zu investieren. Jugendarbeit muss ein Schwerpunkt in jeder Gemeinde sein und als „richtige“ Gemeindearbeit ernstgenommen werden.

Menschen ansprechen

Zuerst möchte ich die einfachste und direkteste Art und Weise vorstellen, wie man Mitarbeiter gewinnt. Sie wird erschreckend wenig praktiziert, dabei ist sie extrem leicht umzusetzen, in ihrer Schlichtheit geradezu atemberaubend und zu all dem kostet sie auch nichts! Sprecht junge Leute an. Kaum jemand wird Mitarbeiter, wenn er nicht dazu eingeladen wird. Gemäß dem Wunsch Gottes, dass Menschen in der Gemeinde aktiv werden (1. Korinther 12), nennen wir das „Berufung“. Wenn wir den Begriff nicht allzu hoch hängen, sagen wir: Ein junger Mensch darf in der Gemeinde etwas tun, weil Gott es will – und darum fragen wir einfach mal, ob er es nicht ausprobieren möchte. Ob Gott seine Berufung bestätigt, wird sich herausstellen. Solche Berufungen sprechen wir nicht leichtfertig und ohne Überlegung aus – aber wir sprechen sie aus! Ohne Anfrage keine Zusage.

Das klingt nun sehr banal. Ich bin dennoch überzeugt, dass ein großer Teil Menschen keine Mitarbeiter in der Gemeinde sind, weil sie nie jemand gefragt hat, ob sie das nicht mal ausprobieren möchten. Solche Berufungen sprechen wir nicht leichtfertig und ohne Überlegung aus – aber wir sprechen sie aus! Die ganz schlichte Frage: „Möchtest du gerne in der Gemeinde eine Aufgabe übernehmen?“, kann auch bei langjährigen Gemeindegliedern höchste Überraschung hervorrufen. Übrigens kann diese Überraschung in beide Seiten „ausschlagen“: Freudige Zustimmung, aber auch entschiedene Ablehnung. Darauf sollten wir gefasst sein. Aber wenn wir nicht fragen, werden wir es nie wissen.

Welche Schritte sind außerdem relativ einfach umzusetzen?

Vorbereitet sein

Wir als Gemeinde klären jedes Jahr frühzeitig, welche Jugendlichen die Gemeinde verlassen werden. Wer darauf vorbereitet ist, kann reagieren. Die Jugend- und Gemeindeleitung hat im Blick (und auf dem Zettel) wer was macht und wann die Person voraussichtlich gehen muss. Nur so kann im letzten Jahr des Mitarbeiters bereits ein Nachfolger angeleitet werden, der die Aufgabe weiterführt.

Auf Kontinuität achten

Kontinuität fängt in den Kindergruppen an. Entdecken wir Kinder, die schon erste, einfache Aufgaben übernehmen können? Es soll von Anfang an Spaß machen, etwas zum Gelingen beizutragen: Getränke bereitstellen, dekorieren, begrüßen. Kinder können früh lernen, sich einzubringen. Wo ein stetiger Strom an Teenagern die Gemeinde bereichert, muss ich ihnen nur noch erlauben, sich einzubringen. Vorsicht, es ist dabei nicht so, dass sie dem Hauptamtlichen oder anderen Leitern einen Gefallen tun, wenn sie mitarbeiten. Vielmehr werden sie Gott begegnen, und das ist außerordentlich wichtig und spannend! Also ist der Ruf in die Mitarbeit etwas besonders Schönes – das sollte unseren Jugendlichen immer wieder deutlich werden.

Beschäftigung bieten

Menschen wollen sinnvolle und erfüllende Aufgaben übernehmen. Wenn wir ihnen diese in der Gemeinde ermöglichen, werden sie sie dort unter gewissen Umständen wahrnehmen. Gesprächstermine mit Jugendlichen helfen, bewusst zu überlegen, wer welche Aufgabe übernehmen kann. Wenn Aufgaben vergeben werden, wird dies bekanntgegeben und Mitarbeiter werden segnend und sendend von der Gemeinde berufen – für einen vorher gemeinsam geplanten Zeitraum. Es ist verrückt, dass wir oft gar nicht sehen, wie viele interessante Aufgaben noch auf uns warten. Und das widerspricht nicht einem gabenorientierten Ansatz, wie der nächste Punkt zeigt.

„Scouting-System“ für Talente und Begabungen

Mit einem Netzwerk an aufmerksamen Jugendlichen und Gemeindemitgliedern, die für das Entdecken künftiger Mitarbeiter zuständig sind, erhöhen wir die Möglichkeit, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Grundsatz ist: Alle machen mit! Es ist wie beim Fußball: die Vereine schicken Scouts aus, die nach Talenten suchen. In der Gemeinde darf jeder ein „Scout“ sein!

Wir sollten uns immer wieder fragen: Nehmen wir wahr, was unsere Leute können? Wissen wir, welche Hobbies sie haben? Haben wir Ahnung davon, was für Vorlieben bei unseren einzelnen Gemeindegliedern vorhanden sind bezüglich Altersgruppen, Themen und Aufgaben in unserer Gemeinde? Übrigens soll diese Beobachtung nicht der einer observierenden Detektei ähneln. Es geht nicht um Bespitzelung. Es geht darum, Gottes Gaben zu entdecken und für den Einzelnen und die Gemeinde zu entwickeln.

Und sonst?

Außer diesen bisher genannten und ziemlich schnell umzusetzenden Maßnahmen gibt es aber noch einige grundsätzliche Dinge, die helfen, die Gemeinde stetig mit neuen Mitarbeitern zu versorgen. Diese haben sich für mich als hilfreich erwiesen, seit ich vor über zehn Jahren den Aufbau meiner damals winzigen Gemeinde begann, die nur aus zwei kleinen Kreisen bestand: Einem Seniorenkreis und einem Gottesdienst. Die Besucher der beiden Veranstaltungen waren weitgehend identisch… Die Frage: „Wieviele Mitarbeiter haben wir, mit denen etwas Neues beginnen kann?“ war schnell beantwortet: „Keine.“ Alles andere als ideal! Denn wie soll man Mitarbeiter gewinnen, wenn nicht schon welche da sind, mit deren Hilfe man neue gewinnen könnte?

Weil das so war, habe ich versucht, eine Gemeindekultur zu entwickeln, in der möglichst laufend junge Leute als Mitarbeiter vorkommen. Das war keine Sache, die sich in einer Woche umsetzen ließ. Das bedeutete eine Überarbeitung unserer Arbeitsweise, aber einen Quell an Mitarbeitern auf lange Sicht – und nun bricht auch die Jugendarbeit nicht mehr zusammen, wenn mal wieder „alle gehen“. Unsere Mitarbeitergewinnung gründet sich auf die Basiselemente, die wir auf der nächsten Seite vorstellen:

1. Identifikation schaffen

„Sich identifizieren“ heißt, sein Spiegelbild in etwas zu entdecken. Menschen, die sich mit ihrer Gemeinde wirklich identifizieren, wollen dort mitarbeiten, darum leben möglichst viele eine gesunde Identifikation vor. Ich kenne nichts, was mehr zur praktischen Mitarbeit motiviert, als die Identifikation und die Liebe, aus der sie hervorgeht Die Gemeinde wird an Mitarbeitern zunehmen. Vorhandene Gemeindeglieder werden sich mit wachsender Identifikation einbringen, und „Neue“ werden mitarbeiten wollen, wenn diese Identifikation bei anderen entdeckt und im (wachsenden) Umgang mit der Bibel gelernt wird. Echte, wahrhaftig vorgelebte Identifikation mit dem Körper Jesu Christi und dem lebendigen Wort Gottes wird als authentischer Glaube erlebt.  Ich kenne nichts, was mehr zur praktischen Mitarbeit motiviert, als die Identifikation und die Liebe, aus der sie hervorgeht. Darum lebe deinen Glauben fröhlich und konsequent in der Gemeinde und er wird ansteckend sein. Ziemlich einfach auf dem Papier, aber auch möglich in der Praxis.

Mitarbeiter heranzubilden muss auch heißen, dass wir Leuten ein familiäres Umfeld bieten („familia dei“, die „Kinder Gottes“, die in der Gemeindefamilie zusammenfinden), in dem sie bei Gott ankommen können. Denn wer bei Gott seine Identifikation als „geliebtes Kind“ findet, der wird sich engagieren wollen. Nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Liebe. Eine geeignetere Motivation kann es wohl kaum geben. Immer wieder höre ich diese Aussage von den jungen Leuten in unserer Gemeinde. Und wo man zuhause ist, arbeitet man mit. Selbstverständlich.

2. Kommunikation

Jugendliche mit denen viel kommuniziert wird, sind eher bereit sich auf Mitarbeit einzulassen. Sie erleben in vielen Bereichen ihres Lebens Hilfe und Heilung und sie entwickeln ein Gefühl der Identifikation mit der Gemeinde. Sie sind integriert. Immer eine interessante Frage: Reden die Leiter der Gemeinde generell viel mit Jugendlichen? Das ist grundlegend wichtig für eine kontinuierliche Mitarbeitergewinnung.

3. Bewusstsein

Wenn Mitarbeiter fehlen, muss das präsent sein. Was vielen nicht bewusst ist, wird kaum als Not empfunden und geändert. Die meisten Jugendlichen sind in und um den Jugendkreis herum ungeheuer mit sich selber beschäftigt. Ein Gespräch unter Jugendkreisteilnehmern darüber, wer in der Gemeinde mitarbeiten kann, nimmt da immer noch viel zu wenig Raum ein. Die Jugendlichen selbst sollten sich darüber klar sein, dass aus ihren Reihen Mitarbeiter kommen sollen – ja, dass das gewünscht wird und wichtig ist.

Zum Abschied gute Rituale

Wir behandeln Jugendliche vor, während und nach ihrer Mitarbeit mit Respekt und Achtung. Sie werden im Gottesdienst berufen und eingesetzt, gesegnet und auch offiziell entlastet und verabschiedet. Wenn es so ist, dass wir jedes Jahr Jugendliche verabschieden, dann heißt das trotzdem nicht, dass sie „für immer weg sind“. Nun gut, zumindest eine Weile. Und als Mitarbeiter stehen sie definitiv nicht mehr zur Verfügung. Deshalb müssen wir sie aber nicht fallen lassen wie heiße Kartoffeln. Was immer wir in unseren Gemeinden für Rituale zum Abschied durchführen, sie sind wichtig. Zwei tragende Säulen der Gemeinde sind „Wertschätzung“ und „Dank“. Sie müssen zum Ausdruck kommen, wenn ein junger Mensch geht, der bei uns zuhause war. Sogar Versäumtes und letzte Unstimmigkeiten können manchmal durch so eine Zeremonie ausgeräumt werden. Was immer wir in unseren Gemeinden für Rituale zum Abschied durchführen, sie sind wichtig. Zwei tragende Säulen der Gemeinde sind „Wertschätzung“ und „Dank“

Das Abschiedsritual, beispielsweise ein Gottesdienst mit Sendung und Entlastung schafft außer der Möglichkeit, Dank auszudrücken noch mehr. Die Verbundenheit zur „alten“ Gemeinde sollte die Offenheit signalisieren, dass man wiederkommen darf. Das soll nicht meinen, dass ein junger Mensch, der unsere Gemeinde verlässt, nicht unbedingt eine neue Gemeinde vor Ort braucht. Eine solche zu finden, ist wirklich ein „Muss“. Die Verbundenheit zur alten Gemeinde darf nicht zur „Gebundenheit“ werden. Ich kenne viele Jugendliche, die aus ihrer „ersten Liebe“ nie wirklich herausgewachsen sind. Das hindert ihre geistliche Entwicklung, so schön die gepflegte Nähe zum „Alten“ auch sein mag. Was mich an unseren Abschiedsgottesdiensten für Mitarbeiter besonders freut ist, dass diese in einem persönlichen Zeugnis noch einmal schildern, wie sie Mitarbeiter wurden – das ist eine hervorragende „Werbung“, anderen Jugendlichen Mut zu machen, sich selber von Gott auf diesen Weg bringen zu lassen.