Hausmeister der Schöpfung

Hast du schon einmal im Sommer eine Feldlerche singen hören? Von seinem Nest am Boden fliegt das Männchen auf. Laut-fröhlich tirilierend steigt es nach …
Hausmeister der Schöpfung

Hast du schon einmal im Sommer eine Feldlerche singen hören? Von seinem Nest am Boden fliegt das Männchen auf. Laut-fröhlich tirilierend steigt es nach oben, 50 Meter, 100 Meter, bis man es kaum noch sieht. Dann sinkt es wieder nach unten, zurück zum Nest.

Alle paar Minuten wiederholt sich dieses Schauspiel auf unseren Feldern. Aber jeden Sommer wird es stiller: In den letzten vier Jahrzehnten hat die Zahl der Lerchenpaare in Deutschland um 30% abgenommen – in Großbritannien sind es ganze 90%. Und nicht nur die Lerchen, sondern fast alle deutschen Vogelarten sind im Rückgang begriffen. Bei anderen Tiergruppen sieht es zum Teil noch düsterer aus. Kürzlich konnten Ökologen zeigen, dass wir in nur 10 Jahren bis zu vier Fünftel unserer Insekten verloren haben.

Ich bin Ökologe und mein Herz weint, wenn ich solche Statistiken höre. Ich habe Biologie studiert weil ich begeistert bin von Gottes Schöpfung. Es tut mir weh zu sehen, wie wir sein Meisterwerk behandeln. Gleichzeitig bin ich Christ und freue mich auf eine neue Schöpfung. Die Perspektive auf eine neue Welt, ohne Leid und so wunderbar wie die Urschöpfung, gibt mir Hoffnung. Trotzdem bleibt für mich die Frage:

Was machen wir mit der „alten“ Schöpfung?

Ich glaube, dass es zwei sehr gute Gründe gibt, warum wir Christen uns für den Erhalt der Schöpfung, für den Naturschutz, einsetzen sollten. Erstens, weil sie Gottes wunderbares Meisterwerk ist; und zweitens, weil wir damit Menschen helfen.

Ein Kunstwerk bewahren

„Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“

Diese Schönheit allein sollte Grund genug sein, die Natur nicht fahrlässig zu zerstören. Gott hat uns zu Herrschern über die Schöpfung gesetzt und sie uns zum Nutzen gegeben, das stimmt. Aber wer das biblische Herrschaftsideal kennt wird schnell merken, dass es sich dabei nicht um ein rücksichtsloses Ausbeuten handeln kann, sondern vielmehr um ein verantwortungsvolles Haushalten mit einem kostbaren Gut, das Gott uns anvertraut hat.

Tatsächlich gibt es im Alten Testament mehrere Gebote, die auf einen behutsamen und nachhaltigen Umgang mit der Schöpfung abzielen. Da ist z.B. das Sabbatjahr-Gebot (3. Mose 25), das es dem Ackerboden ermöglicht, sich durch eine Brachzeit zu erholen. Oder das Verbot der unnötigen Fällung von Bäumen auf Kriegszügen (5. Mose 20), das Wälder und besonders Obstbäume schützt.

Kurz gesagt: Es ist ein Zeichen des Respekts vor unserem Schöpfer, wertschätzend mit seinem Werk umzugehen. Wir dürfen uns uns an seiner Schöpfung freuen und dabei den ehren, von dem wir sie haben. Wir dürfen uns uns an seiner Schöpfung freuen und dabei den ehren, von dem wir sie haben.

Wenn die Natur leidet, leiden Menschen mit

Im Römerbrief (Kapitel 8) lesen wir, dass die Schöpfung der Vergänglichkeit unterworfen und „wie in Geburtswehen seufzt“, bis Jesus wiederkommt und eine neue Welt schafft. Das Leiden der Schöpfung an der Sünde der Menschen sehen wir auf allen Seiten. Was wir aber auch sehen ist, dass Menschen mitleiden, wo die Schöpfung in Mitleidenschaft gezogen wurde.

In Ecuador, an der Westküste Südamerikas, gibt es einen Wald, der unter Biologen berühmt ist. Dieser sog. „Nebelwald“ weist eine ganz phantastische Pflanzenvielfalt auf, die absolut einmalig ist. Aber er macht noch mehr: Durch seine ungewöhnlich dichte Blätterwand fängt er Luftfeuchtigkeit auf, die der Wind vom Meer landeinwärts weht. Dadurch bewässert er das Land in der Umgebung. Leider hat man diesen Zusammenhang erst entdeckt, als der Wald schon in weiten Teilen abgeholzt war. Der Bedarf nach Holzkohle hatte zu einer großflächigen Rodung geführt, deren wahren Kosten erst ein paar Jahre später deutlich wurden. Dort, wo der Wald fehlte, fehlte nun auch das Wasser. Das Land trocknete aus, wurde zu einer unwirtlichen Wüste, deren Bewohner auf Wasserlieferungen von außerhalb angewiesen sind oder fortziehen müssen.

Ähnliche Geschichten gibt es viel zu viele. Ein weiteres Beispiel: Mangroven sind eine besondere Art von Küstenwald, die in weiten Teilen der Tropen vorkommen. Sie bilden einen natürlichen Schutzwall vor Umweltkatastrophen wie Stürmen oder Tsunamis. Wo sie fehlen (und mittlerweile ist weltweit etwa ein Drittel zerstört worden) sterben bei solchen Extremereignissen mehr Menschen.

Nicht nur große Wälder, auch kleine Insekten sind für Menschen wichtig. In China gibt es bereits ganze Obstplantagen, die in mühevoller Handarbeit bestäubt werden müssen, weil Bienen und andere natürlichen Bestäuber durch Pestizide vergiftet wurden.

Als Geschöpfe in der Schöpfung

Diese Geschichten bewegen mich. Zum einen, weil in jeder von ihnen deutlich wird, wie viel Natur wir Menschen bereits zerstört haben. Aber auch, weil hinter jeder dieser Geschichten Menschen stehen, denen es jetzt schlechter geht. Oft trifft es auch noch die Ärmsten unserer Welt am härtesten. Wenn die Natur leidet, leiden Menschen mit.

Ich bin Biologe und ich bin Christ. Ich möchte die erstaunliche, ehrfurchtsgebietende Natur bewahren, die Gott uns geschaffen hat. Und ich möchte Menschen helfen, schonendere Umgangswege mit der Natur zu finden, damit sie sich nicht ihre eigene Lebensgrundlage zerstören.

Wie kann das aussehen? Zum Beispiel wie bei „Farming God’s Way“. Dieses christliche Trainingsprogramm aus dem südlichen Afrika wird verwendet, um Dorfleuten nachhaltige Landwirtschaftsmethoden beizubringen. Anders als bei der traditionellen Brandrodung lernen sie, behutsam und effizient mit ihren Ressourcen umzugehen. Das hilft ihnen nicht nur, sicherere Erträge zu erwirtschaften, um ihre Familien zu versorgen. Sondern es wirkt auch dem massiven Waldverlust in der Region entgegen, der ansonsten langfristige Schäden anrichten wird. Obendrauf lernen die Kursteilnehmer auch noch biblischen Lebensprinzipien – denn von wem sollte man Landwirtschaft besser lernen, als von dem, der das Land geschaffen hat?

Ich freue mich darauf, eines Tages mit meinem Sohn durch die Felder zu streifen und ihm zu zeigen, wie die Lerche singt. Ich hoffe, dass er das auch noch mit seinem Sohn wird machen können.

Als Christen ist es nicht unsere Hauptaufgabe, eine gefallene Schöpfung zu retten.

Aber wer, wenn nicht wir sollte sich der Verantwortung bewusst sein, die wir als Haushalter Gottes für die seine Schöpfung haben? Und wer, wenn nicht wir sollte sich um die Menschen kümmern, die unter einer zunehmend zerstörten Natur leiden?

Wir sind Geschöpfe unter Geschöpfen. Ich wünsche mir, dass wir den Blick für Gottes Kunstwerke, unsere Mitgeschöpfe, nicht verlieren. Und dass wir nicht vergessen, dass die Art und Weise, wie wir heute mit der Schöpfung umgehen, uns morgen selbst betreffen wird. Warum sich Christen um die Natur kümmern sollten? Zur Ehre Gottes – und aus Liebe zu dem, was er geschaffen hat.