Gefühle vor Gott bringen lernen

Keins deiner Gefühle ist zu gering für Gott! Diese Andacht soll Dich ermutigen deine Gefühle und Sorgen ehrlich vor Gott zu bringen.
Gefühle vor Gott bringen lernen

Gefühle sind irgendwie etwas komisches. Gefühle sind subjektiv, manchmal schwer beschreibbar und ändern sich manchmal schneller als man bis drei zählen kann um 180 Grad. Jeder, der schon einmal verliebt war, weiß, wie sehr sich das Erleben von vielen Lebensbereichen verändert, abhängig davon wie wir diese eine Situation gerade erleben. Alles, was wir erleben, erleben wir durch die Brille unserer Gefühle: Ich kann aufs schlimmste beleidigt werden - wenn mich das nicht berührt, ist es eigentlich gar nicht mehr schlimm. Ich kann das schönste Geschenk bekommen - wenn ich darüber keine richtige Freude empfinde, dann hat das Geschenk für mich maximal noch den materiellen Wert.

Und wenn du so bist wie ich, dann können Gefühle zwischenzeitlich ganz schön lähmend sein. Das, was ich eigentlich gerne tue, macht plötzlich keinen Spaß mehr, ich habe kein Anliegen mehr für die mir sonst so wichtigen Leute und am liebsten würde ich mich einfach ins Bett verkriechen und wahlweise grübeln oder schlafen.

In Psalm 88 befindet sich der Psalmist in einer ähnlichen Situation. Es ist wohl eine Krankheit, die ihm hier ziemlich zu schaffen macht. Ganze 19 Verse lang klagt er sein Leid und erzählt ausführlich, wie schlecht es ihm geht. Den Bezug zur Realität hat er dabei schon ein bisschen verloren.

"Ich liege unter den Toten, bin den Erschlagenen gleich, die im Grab ruhen"

- Psalm 88, 6

schreibt er über seine Situation. Was zwar wohl eher weniger einer exakten Beschreibung seiner Situation entspricht, aber ziemlich viel über seine emotionale Lage aussagt. Der ganze Psalm ist voll von Hadern mit Gott, warum der Psalmist in einer solchen Situation steckt, voll von Ächzen unter Schmerzen, voll von Hoffnungslosigkeit.

,,Du hast mich in die unterste Grube gelegt" (V.7), ,,du bedrängst mich mit ALLEN deinen Wogen'' (V.8) und ,,du hast mich ihnen zum Abscheu gemacht'' (V. 9) sind wirklich keine kleinen Vorwürfe, die der Psalmist Gott hier entgegenbringt.

"Wird man im Grab deine Gnade verkündigen, deine Wahrheit im Abgrund? Werden deine Wunder in der Finsternis bekannt, deine Gerechtigkeit im Land der Vergessenheit? Ich aber schreie zu dir, Herr, und am Morgen kommt dir mein Gebet entgegen"

- Psalm 88, 12-14

Anders als in vielen anderen Psalmen findet sich im ganzen Psalm keine Wendung. Kein Halleluja, kein Besingen der Gnadentaten Gottes. Kein hoffnungsvolles "Aber der Herr wird mich retten". Und doch findet sich in den Zeilen etwas, was wir für uns lernen können. Obwohl der Psalmist in dem Moment wenig Hoffnung hat, dass Gott seine Lage verändern wird, lässt er doch nicht locker. Obwohl er sogar Gott in der Verantwortung für seine schlimme Lage sieht, zieht er sich doch nicht vor ihm zurück. 

Er bringt all seinen Frust und all das, was ihn so beschäftigt und runterzieht zu Gott. Denn er weiß: Wo könnte all das besser aufgehoben sein als bei ihm?

Der Psalmist hat mir voraus, dass er nicht erst aussortiert, welche Gefühle okay genug sind, um Gott von ihnen zu erzählen, und welche dann doch vielleicht ein bisschen übertrieben sind. Er denkt nicht zuerst darüber nach, ob er denn als gläubiger Mensch noch ein solches Misstrauen Gott gegenüber haben darf, sondern sagt ganz ehrlich: So ist bei mir gerade die innerliche Lage. All die Sachen, die mich immer wieder mal von Gott wegziehen, die bringt der Psalmist völlig unverblümt und ehrlich zu Gott.

Die Tatsache, dass wir in der Bibel solche Psalmen finden, lehrt uns etwas über Gott:

Er ist an uns interessiert, er ist an unseren Gedanken, an unseren Emotionen interessiert, und er freut sich, wenn wir ihm ganz ehrlich sagen, was in uns vorgeht.

Er erwartet gar nicht von uns, dass sich unsere Bewertung der Lage innerhalb eines Gebets völlig verändert. Ja, natürlich will uns Gott mit der Zeit verändern, und dafür bin ich Gott von Herzen dankbar - aber sein erstes Ziel mit uns ist Gemeinschaft, und daraus wächst Veränderung.

Unser Gebet funktioniert leider oft ein bisschen wie ein Sieb im Sandkasten: Wir schütten alles oben rein, und die feinen, schönen Gedanken bringen wir in schönen, hingebungsvollen Worten zu Gott. Aber die groben Steine, von denen denken wir, dass wir sie am besten alleine wegbekommen sollen. Doch dabei vergessen wir völlig, dass Gott von den groben Gedanken wohl kaum überrascht sein wird. Wir lassen uns aber eine Menge Gemeinschaft entgehen.

Wenn du also das nächste Mal von deinen Emotionen überrannt wirst, dann stell dir vielleicht nicht die Frage, ob diese gerade gerechtfertigt sind oder nicht, denn eines sind sie auf jeden Fall: real.

Sag Gott wie es dir geht - er freut sich von Herzen darüber!