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Social Media

Einwandern ins Netz

Die neuen Entwicklungen des Internets trennen die Generationen. Dieser Artikel zeigt, wie dies passiert und warum es wichtig ist, aufeinander zuzugehen

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16. August 2013
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4 min

„XY… hat Durchfall.“ Das wissen jetzt alle Freunde bei Facebook. Oder die ganze Welt – wenn es die Privatsphäre-Einstellungen zulassen. Solche Nachrichten lösen in aller Regel keine Besorgnis aus und es werden keine Medikamente an den Freund geschickt. Kopfschüttelnd fragt sich der Leser: „Hat der Durchfall eventuell auch schon das Hirn attackiert?“

Ein solcher Beitrag ist Wasser auf die Mühlen derer, denen Soziale Netzwerke suspekt erscheinen. Doch auch die User, die mit dem Internet aufgewachsen sind, werden ihnen bei einem solchen Beitrag zustimmen. Alt und Jung sind sich einig: Dieser Beitrag ist daneben.

Zwist ist vorprogrammiert

Diese Einheit in der Beurteilung ist jedoch eher die Ausnahme. Die Bewertung von Sozialen Netzwerken trennt die Generationen. Und das fängt bereits beim Verständnis an. So schreibt eine Redakteurin bei stern.de:

„Ich habe meine Kinder gebeten, mir Facebook zu erklären, bin aber genauso schlau wie vorher. Sie können es nicht erklären, weil sie meine Fragen nicht verstehen. Das Ausmaß meiner Verwirrung ergibt für sie hinten und vorn keinen Sinn.“

Es ist ein Graben entstanden. Dieser Graben trennt junge Menschen von ihren Eltern und Lehrern. Sie verstehen sich nicht mehr. „Diese Kluft ist dafür verantwortlich, dass unsere Kinder zu oft allein Risiken ausgesetzt sind – und zwar in einer Umgebung, in der viele sich deutlich risikofreudiger verhalten als in der „realen Welt“, in der sie mit vielen ihrer Online-Kontakten niemals reden würden. Diese Kluft schürt und verstärkt die Angst vor der neuen Technologie und verhindert positive Schritte auf dem Weg zum Zusammenleben im digitalen Zeitalter.“

Dass sich die Generationen nicht verstehen, ist nicht ungewöhnlich. Der Generationenkonflikt ist ein immer wiederkehrendes Phänomen. Bereits Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) sagte:

„Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.“

Eine zweite Identität

Viele Erwachsene stehen der Entwicklung des Internets nur verständnislos gegenüber. Manche sind mutig und probieren Soziale Netzwerke aus. Ist die Hürde der Anmeldung und die Auseinandersetzung mit dem Programm genommen, überlegt man angestrengt, was aus dem eigenen Leben so wichtig erscheint, dass man es der Internetgemeinschaft mitteilen möchte. Kopfschüttelnd fragt sich der Erwachsene: „Was macht hieran Spaß?“

Menschen, für die die Nutzung von Sozialen Netzwerken nichts Alltägliches ist, publizieren Daten im Internet über sich selbst sehr bewusst. Alle Informationen werden sorgfältig ausgesucht. Man denkt genau darüber nach, was die anderen Denken. Eine spezielle Online-Identität wird geschaffen. Es ist eine Kunstfigur. Deswegen nehmen diese Menschen auch an, dass sich die jungen Leute Identitäten schaffen, die nichts bis wenig mit den eigentlichen Menschen zu tun haben. Doch damit liegen sie in den meisten Fällen falsch.

Übereinstimmende Identität

Denn für Menschen, die mit Sozialen Netzwerken aufgewachsen sind, ist ihre Online-Identität Teil ihrer Identität. Ihr Facebookprofil ist ein Teil von ihnen. Anstatt ihre digitale und reale Identität als zwei separate Erscheinungen zu betrachten, verfügen Jugendliche lediglich über eine einzige Identität.

Wie sie ihren Freunden erzählen, was am Wochenende alles passiert ist, teilen sie dies auch ihren Internetfreunden mit. Natürlich werden diese Informationen bearbeitet. Fotos werden bewusst ausgesucht, um sich in Szene zu setzen. Aber dies ist nichts Außergewöhnliches. Auch wenn ich jemandem persönlich begegne, überlege ich, wie ich mich gebe, wie ich mich anziehe und was ich sage. Die Online-Identität stimmt bei diesen Personen mit der eigentlichen Identität überein.

Im Durchschnitt 200 Freunde bei Facebook können die Nachrichten lesen und die Fotos anschauen. Etliche dieser Freunde sehen die Person häufig. Da kann man nicht zu massiv täuschen, ohne sich lächerlich zu machen. Hinzu kommt, dass diese Freunde aus unterschiedlichen Lebensbereichen kommen: Schule, Gemeinde, Sportverein. Während es im realen Umgang leicht fällt, sich in diesen Umgebungen unterschiedlich zu geben, geht das im Facebookprofil nicht. Da muss es eine stimmige Identität sein, die zu allen Lebensbereichen passt. Dies ist gerade für Christen eine gute Chance. Denn hier steht die Verbindung zu christlichen und nicht-christlichen Kontakten. Alle können erfahren, dass man gerade in den Gottesdienst geht, über einen Bibeltext nachdenkt oder Fragen an Gott hat.

Die Veränderungen in der Identität treten in einer ganzen Generation auf, wenn auch in unterschiedlichen Abstufungen. Gemeinsame Merkmale sind der Hang zum Multitasking; der Wunsch, ständig vernetzt und immer erreichbar zu sein; sowie der große digitale „Freundeskreis“, den diese Generation hat. Jedoch darf dadurch nicht der Eindruck entstehen, dass hier eine Gruppe von Computerfreaks heranwächst, die sich hinter den Computer zurückzieht. Jugendliche sagen: „Das eigentliche Leben, also Freunde live zu treffen, macht immer noch mehr Spaß als zu chatten.“

Gemeinsam lernen

Für Jugendliche ist es sehr wichtig, auf dem Weg der Identitätsfindung verlässliche und kompetente Gesprächspartner zu haben. Hier sind Eltern und Jugendmitarbeiter gefordert. Um den Graben zu überwinden, ist es ein wichtiger Schritt, sich offen über Soziale Netzwerke zu informieren, sie zu nutzen und miteinander darüber zu reden – damit die nächste Generation mit den vielen Gefahren im Internet besser umzugehen lernt. Und damit sie die großartigen Möglichkeiten des Internets besser nutzen kann.