Als Leiter schwierige Gespräche führen

Als Leiter ist es manchmal unausweichlich, schwierige Gespräche zu führen. Oliver gibt dir ein paar praktische Tipps.
Als Leiter schwierige Gespräche führen

"Ralf, ich denke, du solltest das mit den Andachten lassen." Mein Hals zieht sich zusammen. Meine Brust wird eng. Mein Mund trocken. Ich mag keine schwierigen Gespräche. Wenn ich Spannungen wahrnehme, geht es mir schlecht. Ich bin der Harmonietyp. Deswegen neige ich dazu, schwierige Gespräche aufzuschieben. Weil mein Gespräch ein innerer Monolog bleibt, kommt es nicht zum Dialog. Die Situation wird sich nicht ändern. 

Vielleicht bist du auch ein anderer Typ. Gleich nach seiner ersten Andacht hast du dir Ralf geschnappt und ihm ungefragt eine Rückmeldung gegeben. Schon beim Einstieg bist du eingeschlafen. Dauernd "ähmmm" und "äääääähhhh". Außerdem viel zu wenig Bibelstellen. War halt ein erster Versuch. Vielleicht folgen auch nicht viel mehr. Egal ob es jemand hören will oder nicht - er bekommt direkt und ungefiltert deine Einschätzung. Die Situation ändert sich. Ralf winkt zum Abschied. 

Wie gehst du mit Ralf um? Noch wichtiger: Wie wäre Jesus mit Ralf umgegangen? Jesus verbindet Gnade und Wahrheit. Wertschätzenden Umgang mit großer Klarheit. Ich glaube: wir alle haben eine Schlagseite. Schweigen … aus Angst. Aus Bequemlichkeit. Aus falscher Rücksichtnahme. Oder Reden … mit Härte statt mit Klarheit. Mit Liebe zur Wahrheit ohne Liebe zu Ralf. Wozu neigst du? 

Warum wir schwierige Gespräche führen müssen 

  1. Für die Gemeinschaft: es darf nicht sein, dass deine Jugendgruppe lange unter langweiligen Andachten leidet 

  2. Für Ralf: es ist eine Qual, über lange Zeit Dinge zu tun, für die man nicht begabt ist 

  3. Für dich: du bist nur ehrlich zu dir selbst, wenn du mit deinem Gegenüber offen reden kannst 

  4. Für euer Miteinander: gute Beziehungen entstehen dann, wenn ich mir sicher sein kann, dass ich weiß, was der andere von mir denkt 

Ganz weit vor dem schwierigen Gespräch: eine gesunde Teamkultur macht schwere Gespräche leichter 

Das war eine ganz schlechte Illustration. Außerdem warst du viel zu nah an deinem Manuskript. Vor ein paar Jahren habe ich regelmäßig auf einem Jugendgottesdienst gepredigt. Im Predigtteam haben wir uns im Anschluss sehr klare Rückmeldungen gegeben. Und stark davon profitiert. Das war möglich, weil wir eine gesunde Teamkultur hatten. 

Schwierige Gespräche sind dann besonders schwierig, wenn im Vorfeld etwas nicht stimmt. Als CJ haben wir Teamwerte definiert, an denen wir unser Handel ausrichten wollen. W -I - R. 

Wertschätzung - Individualität - Rückmeldungen. Statt Wertschätzung könntest du Gnade sagen. Statt Rückmeldungen Wahrheit. Und der Wert der Individualität soll deutlich machen, dass jeder das machen soll, wozu Gott ihn berufen hat. Mit einer starken Teamkultur sind schwere Gespräche viel leichter. 

Wenn du weiterdenken willst: https://soundcloud.com/cj-jesusimfokus/wachsen-durch-teamwork-oliver-last 

Kurz vor dem schwierigen Gespräch 

Für die Klarheit: 

  1. Definiere das Gesprächsziel

    Überlege dir: was willst du mit dem Gespräch erreichen? Geht es um ein Erstgespräch, in dem ihr euch austauscht? Oder musst du einen Beschluss vermitteln? Je nach Ziel kannst du das Gespräch anders führen. Du musst in einem Gespräch nicht alles erreichen. 

  2. Schreibe deine Argumente auf

    Ich habe gemerkt, wie es mir hilft, meine Argumente auf Papier zu bringen. So durchdenke ich die Situation und kann meine Gedanken im Gespräch besser auf den Punkt bringen. Aber: nutze deine Punkte dann nicht, um sie deinem Gegenüber "um die Ohren zu hauen" 

  3. Spiele die Situation durch

    Ist unsere Beziehung belastbar? Wie wird mein Gegenüber reagieren? Welche Antworten erwarte ich? Und wie kann ich darauf reagieren? In Gedanken gehe ich im Vorfeld das Gespräch durch. 

Für die spürbare Liebe 

  1. Kläre deine Emotionen

    Vor schwierigen Gesprächen tobt das Meer meiner Emotionen in mir. Manchmal regiert der Ärger und nicht die Liebe in mir. Ich denke an die Fehler meines Gegenübers und den Schaden, den er damit anrichtet. Kopfschüttelnd schaue ich auf ihn hinab. Es ist besser, wenn ich vor einem schwierigen Gespräch zu Gott gehe. Ihn um Vergebung für meinen Hochmut bitte. Meinem Gegenüber das vergebe, womit er mich negativ beeinflusst hat. Mit Gott meine Gedanken teile, damit er das unruhige Meer meiner Emotionen zur Ruhe bringt. 

  2. Fass einen Vorsatz

    Ich will ruhig bleiben. Die Frucht des Geistes soll in diesem Gespräch deutlich werden. Im Gebet treffe ich diese Entscheidungen noch einmal ganz bewusst. 

Während des Gesprächs 

  1. Sei klug, aber nicht technisch

    In der Gesprächsführung ist es zum Beispiel super, das Feedbacksandwich zu kennen (zuerst etwas Positives sagen, dann dir Kritik aussprechen, am Ende wieder etwas Nettes formulieren). Aber es kann etwas Negatives bewirken, wenn es nur eine kühle Technik bleibt. Trotzdem ist es super, wenn am Ende des Gesprächs eine positive Botschaft steht 

  2. Bleibe demütig

    Dazu gehört, dass du zuerst zuhörst, eine Menge Fragen stellst, dir die Meinung des Anderen anhörst. Wer Antwort gibt, bevor er zuhört, ist dumm und macht sich lächerlich. (Sprüche 18, 13) Gib deine Rückmeldungen als persönliche Einschätzung wieder. Wenn keine Einsicht vorhanden ist, kannst du den Rat geben, dass sich dein Gegenüber noch eine Rückmeldung von einer weiteren reifen Person geben lassen kann. 

  3. Sei empathisch

    Wut. Leugnen. Gegenangriff. Manchmal zeigen sich nicht die besten Seiten des Menschen, wenn man ihn mit Kritik konfrontiert. Natürlich müssen solchen negativen Verhaltensweisen im Laufe eines Gesprächs thematisiert werden. Aber manchmal ist es auch weise, wenn mein Gegenüber erstmal seiner Wut Luft machen kann, um dann zur Besinnung zu kommen. 

  4. Sei bereit, das Gespräch zu verschieben

    Bevor ein Wort das andere ergibt und das Gespräch eskaliert, beende das Gespräch lieber und biete an, das Gespräch zu einem späteren Termin weiterzuführen. Dann kann sich dein Gegenüber auf das nächste Gespräch vorbereiten, seine Gedanken zusammentragen und seine Emotionen klären.